Tag des offenen Denkmals 2018
Der Waldhornstammtisch von 1675 in den Altdeutschen Weinstuben war das Highlight beim Denkmaltag 2018.
Das Waldhorn war wieder mit von der Partie, das im Jahr 2017 beim Motto „Macht und Pracht“ der Öffentlichkeit die Waldhornsäle als Festräume der Stadtgesellschaft öffnete. „Das große Interesse der Bürgerinnen und Bürger an dieser Veranstaltung“, so der Initiator Reinhard Bouley, „war willkommener Anlass, weitere historische Räumlichkeiten im Waldhorn zu präsentieren“.
Altdeutsche Weinstube von Bildhauer Josef Dressel
Wirkungsvoller als mit der denkmalgeschützten Altdeutschen Weinstube von 1880 mit ihrer historischen Ausstattung kann dem damaligen Motto kaum Ausdruck verliehen werden. Zu „entdecken“ gab es die künstlerische Handschrift des gebürtigen Ravensburger Bildhauers Josef Dressel, der auf hohem schöpferischen Niveau den Raum gestaltete. Die klassische Raumfassung weist auf seine akademische Ausbildung an der Münchner Kunstakademie hin. Die ausschmückenden Reliefs und Plastiken mit Themen aus der antiken Mythologie spiegeln Eindrücke seiner mehrjährigen Aufenthalte in Florenz und Rom wieder. In einer kleinen Ausstellung wurde mit Dokumenten und Werken aus Familienbesitz das Leben und Wirken von Dressel vorgestellt.
Waldhornstammtisch von 1675
Für „was uns verbindet““ steht, das schon seit Generationen, der Waldhornstammtisch. Die im Tischfuß wieder entdeckte Jahreszahl 1675 macht ihn wohl zum ältesten Stammtisch in Ravensburg. Selbst Stadtarchivarin Beate Falk zeigte sich überrascht, dass dieser Tisch nahezu 350 Jahre alle Turbulenzen der Zeit überstanden hat.
In Auftrag gegeben wurde der runde, mächtig ausladende und aus Eichenholz gefertigte Tisch wohl durch den Gastwirt und Hufschmied Friedrich Gösswein, der den damaligen Gasthof zum „Weißen Kopf“ von Christoph Schürmer übernahm, einem Corporal im Graf Carl Moritz Löwenhaupt’schen Regiment während des 30-jährigen Krieges.
Dieser Tisch zum regelmäßigen geselligen Zusammentreffen der Stadtbevölkerung und Gästen, an dem Kartenspiel gespielt und politische oder philosophische Diskussionen geführt wurden, stand im Mittelpunkt des Denkmaltags. Mit Fotoaufnahmen und Eintragungen in den Gästebüchern wurden die vergangenen Jahrzehnte wieder lebendig. Berichtet wurde von berühmten und illusteren Gästen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Am Tisch saßen schon Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissar Günther Oettinger, die Literaturnobelpreisträger Günter Grass und Herta Müller waren ebenso Gäste und wie die Sänger Udo Jürgens und Udo Lindenberg. Köstliche Anekdoten sind dabei nicht zu kurz gekommen. Noch heute wird über einen stadtbekannten Zahnarzt geschmunzelt, der Vico Torriani angetrunken zur Zahnkorrektur in seine Praxis einlud oder über René Kollo, der angesäuselt eine Bravourarie unter dem Stammtisch gab.
„Es wurde ein launiger und informativer Nachmittag für alle Denkmalinteressierte“, so Reinhard Bouley, „mit gutem Wein, schöner Musik und anregender Unterhaltung.“